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Mozarts Wege

Der Historiker Rudolf Reiser hat ein neues Buch über den weltbekannten Komponisten aus Salzburg geschrieben, in dem er sich auf die Spuren des Musikers durch Schwaben, Franken und Altbayern gemacht hat und einige überraschende Erkenntnisse zu Tage fördert. Am Dienstag stellte der Autor sein Werk in München vor.
Derbe Fäkalsprache und liebliche Kirchenmusik – beides ist Wolfgang Amadeus Mozart. In seinen Briefwechsel an seine Augsburger Cousine kann man das Schwarz auf Weiß nachlesen. „Vom alten jungen Sauschwanz“ redet er da und verwendet Wörter wie „Arsch“.

Verliebt in die Cousine
Bei seiner Cousine Maria Anna Thekla Mozart in Augsburg verbrachte der „Wolferl“ viel Zeit. Das war 1777. Mozart war 21 Jahre alt, sein „Bäsle“ gerade mal 19. Unsterblich waren die beiden ineinander verliebt, und dass sie nicht nur geplaudert haben, legt der legendäre Briefwechsel zwischen den beiden nun offen. Reiser hat nach eigenen Angaben als erster Historiker den Geheimcode der Briefe entschlüsselt.

Fäkalsprache als Schutzmantel
„Wenn man die göttliche Kirchenmusik kennt, die Mozart in der Zeit komponiert hat, und dann diese Briefe in Fäkal- und Pornosprache liest, passt das nicht zusammen", sagt Reiser. Es habe sich ihm die Erkenntnis aufgedrängt, dass hinter den Briefen mehr stecken müsse. Mozart habe die „Ekel erregende Sprache“ in den Briefen nur als Schutzmantel benutzt. Mit der Entschlüsselung des Geheimcodes hat der Historiker herausgefunden, dass Mozart und sein „Bäsle“ eine handfeste Affäre hatten.

Hexenzahl und codierte Küsse
Mozart verwendete Reiser zufolge verschiedenste Verschlüsselungstechniken. Eine wichtige Rolle habe beispielsweise „die Hexenzahl“ sieben gespielt. In einem seiner ersten Briefe schrieb der Musiker seiner Cousine: „Allerliebstes Bäsle Häsle! Ich habe dero mir so werthes Schreiben richtig erhalten falten, und daraus ersehen drehen, das...“ Ausgehend vom Wort „Häsle“ ergibt sich daraus unter Berücksichtigung des jeweils siebten Wortes die Aufforderung: „Häsle Schreiben drehen.“ Der Brief sollte also gedreht und von hinten aufgerollt werden.
Verschlüsselt tauschte Mozart sich mit seiner Geliebten über die damals verbotene Einnahme von „Hexfuß“ aus, einem Kraut, das zur Empfängnisverhütung sowie zur Abtreibung benutzt wurde. Und die Erleichterung über die Nachricht, dass seine Augsburger Verwandte nicht schwanger ist, drückte Mozart mit folgender Metapher aus: „Bevor ich Ihnen schreibe, muß ich aufs Häusel gehen – jetzt ist´s vorbey! Ach! – nun ist mir leichter ums Herz – jetzt ist mir ein Stein vom Herzen.“ Mozart erinnerte die Cousine außerdem codiert an ihre geheimen Liebestreffen und schickte ihr intime Küsse.

Der Revolutionär und die Freimaurer
Doch nicht nur Mozarts Affäre, auch andere Erlebnisse des Komponisten in Bayern stellt das Buch vor. So wird auch die Zeit des Ausnahmemusikers in München von Reiser näher beleuchtet. Bei den beiden Kurfürsten Karl Theodor und Max III. Josef sei Mozart nicht sehr beliebt gewesen. Er habe kein Engagement an der Residenz erhalten, angeblich wegen einer fehlenden Planstelle. In Wirklichkeit, mutmaßt Reiser, hätten die Wittelsbacher Angst vor Mozarts revolutionärer Weltsicht gehabt.
Unterstützt worden sei er dafür von den Freimaurern, die sein Genie wohl von Anfang an erkannt hätten. „Ohne Illuminaten wäre Mozart in München verloren gewesen", ist sich Reiser sicher. Dass Mozart Kontakte zu der aufklärerischen Geheimgesellschaft gehabt habe, sei auch in der „Zauberflöte“ erkennbar, die als Freimaurer-Oper in die Geschichte einging.
Quelle: Von Beate Wild, ddp - Focus